Koloss mit architektonischer Raffinesse – der Bunker am Luisenring

Manche Hochbunker der Stadt Mannheim waren mehr als reine Schutzräume. Einige wichen vom klassischen Bauprogramm ab und weisen noch heute architektonische Besonderheiten auf. Einer dieser „besonderen Hochbunker“ ist der Bunker neben der MVV am Luisenring.

Beinah versteckt hinter dem großen MVV-Hochhaus zwischen Luisenring und Neckarvorlandstraße steht der Mannheimer Hochbunker am Luisenring. Von der Straße aus ist der Bunker nur für den bewussten Beobachter zu sehen. Mit seinen rund 30 Metern Höhe wirkt er neben dem übermächtigen MVV Hochhaus geradezu klein. Gleichzeitig verdankt er ihm aber auch einen weiteren Namen unter dem der Bunker heute bekannt ist: MVV-Bunker.

Das MVV Hochhaus 1972 aus der Vogelperspektive und winzig klein wirkend daneben, der Bunker. Foto: StadtA – MA – ISG

Dabei braucht sich der Bunker nicht zu verstecken, gilt er dank seiner besonderen Architektur doch als Kulturdenkmal der Stadt Mannheim. Mit einer Wandstärke von 2,10 Meter ist er gegenüber seinem Nachbarn aus Stahl und Glas sicher kein Leichtgewicht. Dafür verfügt er jedoch über eine Attika, dem Aufbau auf dem Dach mit halbkreisförmigen Aussparungen, die gleichzeitig als Brüstung für einer Art „Dachterrasse“ dient.

Das Motiv der Halbkreise wiederholt sich in den Lüftungslöchern an den Seiten des Bunkers. Diese Wiederholung verleiht dem Bunker ein einheitliches Äußeres.

Die ungewöhnlichen Wasserspeier unterhalb der Attika ragen weit aus der Wand heraus. Diese Architektur hebt den Bunker am Luisenring gegenüber den anderen Bunkern Mannheims deutlich hervor, die oftmals einem für die Architektur vorgegebenen Programm folgten.

Das Modell zeigt einen nicht realisierten Vorschlag für die Gestaltung des Bunkers. Foto: StadtA MA – ISG

Durch seine Industrie war Mannheim Luftschutzstadt der I. Ordnung und konnte zahlreiche Bunker zum Schutz der Bevölkerung errichten. Im Bereich der Innenstadt wurden während des „Reichsluftschutzprogramms“ zwischen 1940 und 1943 jedoch besonders Tiefbunker, wie der Schlossbunker [wir berichteten] gebaut. Somit konnte das gewohnte Stadtbild Mannheims trotz des Kriegs vorerst erhalten werden. Andere Hochbunker außerhalb der Innenstadt dienten oft dem reinen Schutz und besaßen keine architektonischen Besonderheiten. Somit ist der Bunker am Luisenring wegen seinen Innenstadtlage als Hochbunker und seiner architektonischen Details eine Besonderheit der Architektur Mannheims.

Plan des 7. OGs. Im April 1943 ist die Einrichtung mit Betten, Tischen und Bänken und sogar den Bettleitern minutiös geplant, die dann aber in der Realität wohl nicht so war. Foto: StadtA MA – ISG

Zur Zeit seiner Erbauung diente er den Mannheimer Bürgern im zweiten Weltkrieg als öffentlicher Schutzbunker. Insgesamt 1303 Plätze für Schutzsuchende waren auf die neun Stockwerke, zwei unteririsch und sieben überirdisch, des Bunkers verteilt. Da für den Aufenthalt im Bunker rund 20 Stunden eingeplant waren, gab es keine Vorräte, Heizung oder wohnliche Ausstattung. Das Innere des Bunkers war rein funktional an die Aufgabe des kurzfristigen Schutzes angepasst.

Der Bunker 1944, versehen mit der Aufschrift „Wer bummelt hilft dem Feind“. Foto: StadtA MA – ISG

Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges diente der Bunker am Luisenring als Rote-Kreuz Station und Unterbringungsort von Obdachlosen. Die Stadtwerken und das Tiefbauamt Mannheim nutzen ihn zudem bis in die 1970er Jahre als Lagerraum.

Der Bunker im März 1947, genutzt als Rote-Kreuz Station. Foto StadtA MA – ISG.

Seit zwei Jahren wird der Bunker nun auf eine neue Aufgabe vorbereitet. Denn seine steinernen Mauern schützen heute keine Menschen mehr, sondern Technik. Obwohl die unteren Stockwerke wegen der Nähe zum Neckar aus Gründen des Hochwasserschutzes nicht genutzt werden können, hat die Stadt Mannheim die oberen Stockwerke des Bunkers aktuell zu einem Rechenzentrum umgebaut.

Mit seinen dicken Mauern bietet der Bunker eine ideale Kühlung für die Computer, die beispielsweise die Ampelschaltung Mannheims überwachen. Durch die Größe des Bunkers könnten zudem weitere Rechenzentren den Bunker beziehen und somit vom Schutz der ehemaligen Kriegsbauwerks profitieren.

Somit dient der steinerne Koloss mit seiner architektonischen Raffinesse nicht nur weiterhin als Zeitzeuge, sonders ist mittlerweile ein Teil des modernen Mannheims geworden.

Danke an den Fachbereich IT der Stadt Mannheim für die Unterstützung bei der Recherche zu diesem Artikel.

 

Quellen:

https://inothernews.de/2001/02/06/dachterrasse-ohne-aussicht/

https://www.geschichtsspuren.de/datenbanken/bunker-datenbank/details/6/1139-Mannheim–Hochbunker-Luisenring.html

Hier finden Sie die Artikel zu allen Hochbunkern in Mannheim, die unter Denkmalschutz stehen.

Unbequeme Kolosse – Hochbunker in Mannheim – Teil 1

Unbequeme Kolosse – Hochbunker in Mannheim – Teil 2

Unbequeme Kolosse – Hochbunker in Mannheim – Teil 3